F84.0 frühkindlicher Autismus

A. Vor dem dritten Lebensjahr manifestiert sich eine auffällige und beeinträchtigte
Entwicklung in mindestens einem der folgenden Bereiche:

1. rezeptive oder expressive Sprache, wie sie in der sozialen Kommunikation
verwandt wird
2. Entwicklung selektiver sozialer Zuwendung oder reziproker sozialer Interaktion
3. funktionales oder symbolisches Spielen.

B. Insgesamt müssen mindestens sechs Symptome von 1., 2. und 3. vorliegen, davon
mindestens zwei von 1. und mindestens je eins von 2. und 3.:

1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion in mindestens zwei
der folgenden Bereiche:
a. Unfähigkeit, Blickkontakt, Mimik, Körperhaltung und Gestik zur Regulation
sozialer Interaktionen zu verwenden
b. Unfähigkeit, Beziehungen zu Gleichaltrigen aufzunehmen, mit gemeinsamen
Interessen, Aktivitäten und Gefühlen (in einer für das geistige Alter
angemessenen Art und Weise trotz hinreichender Möglichkeiten)
c. Mangel an sozio-emotionaler Gegenseitigkeit, die sich in einer Beeinträchtigung
oder devianten Reaktion auf die Emotionen anderer äußert; oder Mangel an
Verhaltensmodulation entsprechend dem sozialen Kontext; oder nur labile
Integration sozialen, emotionalen und kommunikativen Verhaltens
d. Mangel, spontan Freude, Interessen oder Tätigkeiten mit anderen zu teilen (z. B.
Mangel, anderen Menschen Dinge, die für die Betroffenen von Bedeutung sind,
zu zeigen, zu bringen oder zu erklären).

2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation in mindestens einem der folgenden
Bereiche:
a. Verspätung oder vollständige Störung der Entwicklung der gesprochenen
Sprache, die nicht begleitet ist durch einen Kompensationsversuch durch Gestik
oder Mimik als Alternative zur Kommunikation (vorausgehend oft fehlendes
kommunikatives Geplapper)
b. relative Unfähigkeit, einen sprachlichen Kontakt zu beginnen oder
aufrechtzuerhalten (auf dem jeweiligen Sprachniveau), bei dem es einen
gegenseitigen Kommunikationsaustausch mit anderen Personen gibt
c. stereotype und repetitive Verwendung der Sprache oder idiosynkratischer
Gebrauch von Worten oder Phrasen
d. Mangel an verschiedenen spontanen Als-ob-Spielen oder (bei jungen
Betroffenen) sozialen Imitationsspielen.

3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und Aktivitäten in
mindestens einem der folgenden Bereiche:
a. umfassende Beschäftigung mit gewöhnlich mehreren stereotypen und begrenzten
Interessen, die in Inhalt und Schwerpunkt abnorm sind, es kann sich aber auch
um ein oder mehrere Interessen ungewöhnlicher Intensität und Begrenztheit
handeln
b. offensichtlich zwanghafte Anhänglichkeit an spezifische, nicht funktionale
Handlungen oder Rituale
c. stereotype und repetitive motorische Manierismen mit Hand- und Fingerschlagen
oder Verbiegen, oder komplexe Bewegungen des ganzen Körpers
d. vorherrschende Beschäftigung mit Teilobjekten oder nicht funktionalen Elementen
des Spielmaterials (z. B. ihr Geruch, die Oberflächenbeschaffenheit oder das von
ihnen hervorgebrachte Geräusch oder ihre Vibration).

C. Das klinische Bild kann nicht einer anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung
zugeordnet werden, einer spezifischen Entwicklungsstörung der rezeptiven Sprache
(F80.2) mit sekundären sozio-emotionalen Problemen, einer reaktiven
Bindungsstörung (F94.1), einer Bindungsstörung mit Enthemmung (F94.2), einer
Intelligenzminderung (F70-F72), mit einer emotionalen oder Verhaltensstörung,
einer Schizophrenie (F20) mit ungewöhnlich frühem Beginn oder einem
Rett-Syndrom (F84.2).

 

nach ICD-10